


Ein Regionalzug mit bereits gewohnter portugiesischer Freundlichkeit und Zuverlässigkeit brachte uns am Vormittag von Vila Velha de Rodáo über den mittelportugiesischen Eisenbahnknoten Entroncamento nach Santarém.
Santarem
Die Eisenbahnfahrt war am Tejo entlang großartig, zumeist direkt am Fluss, keine Straße, manchmal ein Wanderweg, mal war der Fluss aufgestaut, mal frei fließend, selten eine Brücke oder Fähre. Zwischen Belver und Abrantes änderte sich dies (mit der Bezirksgrenze), das Tal wurde flacher, es kamen mehr Dörfer und Städte, mehr Straßen, mehr Landwirtschaft.
Santarém liegt in einer sonst eher flach-hügeligen Gegend auf einem hohen Felsrücken direkt über dem Tejo. Diese Lage machte es seit römischen Zeiten durch die Jahrhunderte zu einem attraktiven Ort mit einem Flussübergang. Davon zeugen eine große Altstadt mit vielen historischen Kirchen und anderen Gebäuden. Wieder ein heißer Tag.


Damit haben wir die Beira(s) verlassen und kommen in „zivilisierte“ Regionen, und zwar im zentralen Portugal, wie eben in die frühe Hauptstadt Santarém, das dann seine Bedeutung und Funktion an Lissabon abgab – vor vielen Jahrhunderten.




Diese Region rund um Santarém wird aus alten Zeiten Ribatejo genannt (nach dem hier zentralen Fluss Tejo), die Gegend näher zum Atlantik bis an Lissabon heran Estremadura. Dieser Begriff deutet auf Grenzgebiete hin, die es in dieser Region Europas immer mal wieder in unterschiedlichen Richtungen und in unterschiedlichen Zeiten gab.
Morgen haben wir wieder eine ordentliche Radtour vor, die uns nach Westen nach Obidos führen soll.
Von Santarém nach Obidos
Ja, es wurde wieder eine „ordentliche“ Radtour, und Naviki hat uns wieder einmal eine supertolle Route vorgeschlagen. In drei Minuten auf kleiner Straße heraus aus Santarém, am Kloster in Almoster vorbei, bis auf ganz kurze Abschnitte auf größeren Straßen immer verkehrsarm unterwegs.
Hier ist die geplante Route:
https://www.naviki.org/de/naviki/static/map/way/69c49e04-329f-4988-a0a7-c5b8e2a4d810/
Zeitweise ging es durch ganz abgelegene Dörfer, in denen fast nur noch die Hunde daheim waren. Häufig waren es Routen mit guten Aussichten. Und gegen Ende war es fast wie im Kaiserstuhl mit Weinbergen und Obst, mit großen Weingütern, mit lieblicher Landschaft. Von oben kamen wir auf angenehmen Wegen nach Obidos hinein.


Obidos
Obidos ist sozusagen das Rothenburg ob der Tauber von Portugal. Am Ortseingang der Busparkplatz, in den Hauptgassen schieben sich die Leute hindurch, Kirschlikör aus Zartbitter-Schälchen gibts an jedem Stand. Schicke Altstadt, Stadtmauern, Kirchen, Burgruine, Restaurants, alles da.


Was wir hier wollen? Andrea hat in der nun auch wirklichen schönen historischen Altstadt in der zweiten Hintergasse eine Ferienwohnung aufgetan, in einem historischen Gebäude mit ruhigem Vorgarten, Blick auf die Stadtmauer, also wirklich ein guter Ort, um auch morgen den Tag hier zu verbringen. Einzig der Supermarkt ist ein Stück entfernt, doch die Spaghetti waren lecker.


Interessant, wie man sich mit so einem „Wohnsitz“ sofort als „Einheimischer“ fühlt und mit dem ganzen Rummel gefühlt nichts mehr zu tun hat. Ein idyllischer Rückzugsort.
Nach zwei Tagen in Obidos wieder am Meer, nicht weit von Peniche
Heute Morgen hatten wir beim Aufbruch aus unserer netten Obidos-Klause Lade-Probleme. Bei Andrea hatte der Fahrrad-Akku nicht geladen, bei mir waren die Akkus des „Hörgeräts“ irgendwie leer. Wir sind erstmal los, doch zumindest mit der Orientierung wars mühsam. Wir haben die Lagune von Obidos dann schon gefunden, doch die Streckenführung war suboptimal. Erst an der Praia da Foz (Ausgang der Lagune zum Meer) gabs einen Kaffee und eine Steckdose. (Heute ist portugiesischer Nationalfeiertag.)




Am Atlantik
Es folgten recht bedrückende Gegenden, mehrere Golfplätze, diverse Luxus-Ressorts dazu, eingezäunte Quartiere, Hochglanz-Büros von Haus- und Grundstücks-Maklern und -Verkäufern, vorbereitete Stadtviertel mit Straßen, Grundstücken, Straßenlaternen und allem, nur die Häuser fehlten noch. Die grün-bewässerten Golfareale mitten in den sandig-trockenen Dünen waren schon sehr strange. Das Ganze ging sicher zehn Kilometer lang so.




Baleal und Peniche
Wir folgten heute immer mal wieder dem Eurovelo, der uns dann auch auf eine Schotterpiste nach Baleal führte. Wir hatten eher eine Siedlung und weite Strände erwartet, doch es war eine rummelige Kleinstadt mit viel Verkehr und Surf-Gelegenheiten ohne Ende. Wir haben dann die Halbinsel Peniche umradelt, bis zum Kap und zum Leuchtturm. Die nördliche Anfahrt war landschaftlich spannend, doch das Kap war im Vergleich zu den galicischen ziemlich langweilig.


Praia de Areia Branca
Nach einer Pause in Peniche ging’s noch einige Kilometer nach Süden, wir sind heute an der Praia de Areia Branca in einer Jugendherberge. Areia Branca gehört zu Lourinhã, das Zimmer unseres Quartiers weist direkt zu Strand und Atlantik, es rauscht ordentlich zum Fenster herein. Heute Abend waren wir „beim Inder“.


In der Jugendherberge muss man/frau den Tisch schon selbst abräumen. Zwei Schweizer/innen aus Lausanne haben drei Jahre Zeit, suchen in Lissabon ein Schiff nach Südamerika, brauchen heute eine Werkstatt für die Bremse. Unsere Räder hatten die Technikkammer geteilt. Wir rollen nach dem Frühstück auf die Straße in Richtung Ericeira.
Unterwegs
Heute hatte ich „Rennrad“, also Asphalt, eingegeben. Ein Teil war auf netten Dorfstraßen, ein anderer nicht zu kleiner aber auf vielbefahrenen Autowegen. Ein Trost war, dass auch der Eurovelo einen ordentlichen Abschnitt dieser Straßen teilte. Doch morgen wollen wir wieder mehr „Freizeit“ eingeben.
Die Küstengegend ist im Vergleich zum hinteren Bergland sehr dicht besiedelt, mit entsprechend vielen Straßen und dann auch dazu gehörigem Verkehr. Es gibt alte Ansiedlungen (Landwirtschaft, Pendelverkehr) mit den für uns mittlerweile gewohnten portugiesischen Strukturen, es gibt aber auch viele mehr oder weniger neue „Urbanisationen“.
Surf-Wettbewerb bei Ericeira
Pause hatten wir heute in Santa Cruz, einen Pausenversuch in São Lourenco, dann oberhalb der Praia Ribeira d´Ilhas kurz vor Ericeira (Reste vom Inder am Abend vorher aus der Doggy-Box). Ericeira ist berühmt für die Surferei, weil es dort dafür praktische Strände gibt. Nämlich Wellen, die einerseits weit in die Breite gehen, andererseits lang zum Strand hin ausrollen. (Habe ich die richtigen Wörter erwischt, um das Nötige zu sagen?)
Wir hatten jedenfalls von oben einen guten Blick auf jenen Strand, an dem gerade ein mehrtägiger Wettkampf ausgetragen wurde, so richtig mit Lautsprecher, Schiedsrichter, Kameras, Zuschauern. Wir hatten den Eindruck, dass sie heute immer ziemlich auf passende Wellen warten mussten.
Ericeira
Ericeira hat eine schöne Altstadt, einen tollen Stadtstrand, an dem Andrea gern gebadet hat (steile Zufahrt gut bewältigt), wir haben ein Zimmer in einer neuen Siedlung am Stadtrand, doch noch fußläufig zum Zentrum, haben eine nette einfache Wirtschaft gefunden, in der es Muscheln und so gab. Wir sitzen da grad im Garten unterm Sternenhimmel. Von unserem Dachfenster aus können wir gut auf die Küste nach Süden schauen – da gehts morgen weiter.


Heute gabs einen Kontakt zur Arbeit. Solche Kontakte haben wir beide ziemlich dosiert. So kann sich’s schnell wieder ausschleichen.
Cabo da Roca und Sintra
Cabo da Roca ist der westlichste Punkt des europäischen Kontinents, und in Sintra sind die Touristen im Wesentlichen zwischen historischer Altstadt und Bahnhof nach Lissabon unterwegs. Unser Quartier liegt auf der anderen Seite der Bahn, in der normalen Fußgängerzone gabs drei Verpflegungsmöglichkeiten, Pizza, mexikanisch oder gediegen portugiesisch, bei uns wurds mexikanisch, mit Reis, Bohnenbrei, Avocado und Fleisch.
Heute hatten wir eine Kombi aus Eurovelo und anderen Varianten, Naviki wurde immer mal wieder neu programmiert. Das liegt auch daran, dass es bei der Vorbereitung häufig schwerfällt, sich die Landschaft und die Wegführung vorher vorzustellen.
Frühstück kurz nach Carvoeira, über Land nach São João das Lampas, abenteuerlicher Ab- und Aufstieg bei der Praia de Magoito, Schotterpisten mit wunderbaren Ausblicken und Stränden bis Azenhas do Mar …



… gegrillte Sardinen auf einem kleinen regionalen Markt bei Almocageme, dann auf den größeren Straßen zum Cabo da Roca.


Das Kap ist landschaftlich durchaus reizvoll, doch am Samstag um die Mittagszeit reichlich voll, mit einem der üblichen Musikanten plus Play-back-Lautsprecher. Auch um irgendwo erträglich kurz einzukehren, mussten wir einige Kilometer zwischen uns und dem Kap-Rummel legen. Das war dann schon ein gutes Stück in Richtung Sintra in Varzea bei Colares. Von hier gabs eine schöne Route im nördlichen Bogen nach Sintra hinein, wo wir Quartier machen.
Sintra
Sintra ist schon besonders. Landschaft und Kultur sind hier auf besondere Weise aufeinander bezogen und spielerisch-aufwändig gestaltet. Da gibt es Burgen, Parks, Paläste, eine große Altstadt, dabei und dazwischen auch normale Straßenzüge und Wohngebiete. Man spürt schnell, dass dies ein Ort ist, der seit langer Zeit Menschen auf ganz eigene Art angeregt hat.




Morgen gehts von hier mit dem Zug nach Lissabon – nicht mit dem Nachtzug. Wir haben ein Zimmer in der Nähe des Bahnhofs Campolide, von wo es dann über-übermorgen weiter nach Süden gehen soll.
Lissabon – einige Stichworte
In Sintra kurz nen Kaffee, am Bahnhof ein 24-Stunden-Nahverkehr-Lissabon-Ticket gekauft und mit dem Zug nach Lissabon-Campolide. Gepäck ins Quartier gebracht, und los nach Belém, wo Andrea Tickets fürs Kloster bestellt hat. Dennoch eine Weile in der Sonne anstehen. Auf jeden Fall lohnenswert, Manuelismus kennen wir jetzt, hier sozusagen das Hauptwerk.






Belém
In Belém gibts neben einem berühmten Turm auch einen bedeutenden Stadtteil zu erkunden, darin etwa den Sitz des Staatspräsidenten. Dann gibts dort ein monumentales Denkmal, das eben auch mit dem Ort verbunden ist. Von Belém aus zogen die Seefahrer im 15. und 16. Jahrhundert los, um die Welt zu erkunden, erobern, Handel zu treiben, zu kolonialisieren, zu erforschen, usw.
1940 wurde dort ein Monument errichtet, 1960 in Stein erneuert, um eben dieser großen portugiesischen Zeit zu gedenken. In der Klosterkirche ist so dann auch Vasco da Gama beigesetzt, der ganze Komplex wurde wohl aus Dankbarkeit für und mit Erträgen aus diesen Unternehmungen errichtet. Der Turm von Belém lag damals in der Hafeneinfahrt und diente der Bewachung der Tejo-Mündung.



Heute war’s ziemlich warm, so brauchte es etliche Getränkepausen. Zurück von Belém mit der Straßenbahn, am Kai kurzerhand mit der Fähre hinüber über den Tejo und zurück, unterwegs die Ansichten der Stadt aus der Distanz genießen. Spaziergänge im angrenzenden Stadtteil, mit Stadtbussen heim nach Campolide, das Zimmer bezogen. Abends nochmal in der Stadt.
Lissabon, 2. Tag
In Stichworten: Bus von Campolide zum Joao-Bosco-Friedhof, dort am Beginn ihrer Route in eine alte klassische Tram 28E gestiegen und die ganze Tour von West nach Ost durch die Baixa, die Alfama hinauf nach Graca und wieder hinab zur Praca Martim Moniz. Pause. Mit dem Bus noch einmal hinauf auf den Graca-Hügel, Spaziergang an diversen Aussichtspunkten vorbei, am Castelo vorbei, durch die Alfama, an der Se vorbei bis zur Praca da Comércio.


Bei den Cais do Sodré in der Markthalle gegessen, usw, usw. Pause im Quartier, Von Campolide aus fuhr auch so eine alte Tram zur Praca Camoes. Bis zum Aussichtspunkt von São Pedro de Alcantara, schöne Abendstimmung, wir können mit unserem 24-Stunden-Ticket die Standseilbahn hinunter zum Restauradores-Platz nehmen, Rossio, Baixa, runter an den Tejo, Bus zum Figueira-Platz, die Standseilbahn wieder hinauf, und da oben in den Gassen den weiteren Abend verbracht.




Mit unserem Quartier in Campolide hatten wir Glück, ein eher normaler Stadtteil, super Bus- und Tramverbindungen, und die Nähe zum Bahnhof. Nachteil war die Einflugschneise des Flughafens. Spaß gemacht hat das 24-Stunden-Ticket für alle Verkehrsmittel. Wir hatten es schon in Sintra gekauft und von dort benutzt. Nur heute nach Setubal war es dann eine andere Bahngesellschaft. Lissabon war echt total schön!












Am nächsten Morgen gehts weiter von Bahnhof Campolide.


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